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Freitag, April 11, 2003
 
Vier kleine Tipps zur Taktik


Deutschland ist kleingeldfixiert. Ohne passende Münze besteigt man hier weder eine S- noch eine U-Bahn, riskiert einen Strafzettel weil man keinen Parkschein bekommt und muss im Hallenbad seine Kleider der Öffentlichkeit preisgeben. Insofern kann ich die Aggressivität des Mannes, der vorher neben mir am Brezelstand stand durchaus verstehen. Nachdem ihm sein Handeln und Wirken leider nicht zum Erfolg in Form von Münzgeld verholfen hat, möchte ich ihm an dieser Stelle einige Tipps für zukünftige prekäre Verhandlungssituationen geben.

1) Überlege bevor Du fragst.

Ein Brezelverkäufer hat sein Kleingeld, weil er Brezeln verkauft, und eine Butterbrezel 80 Cent kostet, weshalb er typischerweise 0,20 €, 4,20 €, 9,20 € oder 19,20 € rausgeben muss. Wenn der Brezelverkäufer kein Wechselgeld mehr hat, dann verkauft er an alle die keine 0,80 € passend haben, keine Brezeln mehr. Er wir deshalb tendenziell dazu neigen, nur Wechselgeld an Leute herauszugeben, die zumindest eine Brezel bei ihm kaufen und nicht an Leute die 20 € gewechselt haben wollen, ohne etwas zu kaufen.

2) Höre zu.

Der Beruf des Brezelkäufers ist hart und nicht besonders angesehen. Trotzdem oder gerade deshalb bietet es sich an, Menschen, die so ihr tägliches Brot und das Studium ihrer Kinder verdienen, Respekt entgegenbringen. Es bietet sich deshalb an, davon auszugehen, dass auch ein Brezelverkäufer meint, was er sagt. Spätestens nach dem abschlägigen Bescheid auf den dritten Versuch, 20 € gewechselt zu bekommen, ohne eine Brezel zu kaufen, ist es deshalb sinnvoller, die Sache anders anzugehen. Der Brezelverkäufer könnte sonst auf die Idee kommen, man halte ihn für blöd.

3) Überlege was Du sagst.

Soweit man nach Berücksichtigung von Punkt 2) zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Sache anders angegangen werden muss und einem der Brezelverkäufer aufgrund der in 2) am Ende angesprochenen Problematik nicht mehr bedingungslos freundlich gesonnen ist, sollte man dafür sorgen, dass der Brezelverkäufer den Taktikwechsel nicht als solchen versteht. Sätze wie „Also gut, dann kaufe ich halt was, ich nehme das Billigste was sie im Sortiment haben“, erweisen sich in diesem Zusammenhang als äußerst kontraproduktiv, insbesondere, wenn sich das Sortiment auf Brezeln beschränkt.

4) Denke an die Zukunft.

Auch wenn es mal nicht klappt mit dem Wechselgeld, sollte man sich im Blick auf zukünftige Wechselversuche und Brezelkäufe vor unbedachten Äußerungen der eigenen Meinung im Bezug auf Deutschland, Schwaben, Brezeln und die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen zurückhalten. Ansonsten darf man sich über im Gegenzug abgegebene Versprechen, dass man „Ihnen nicht mal was verkaufen würde, wenn sie hundert Brezeln nähmen“, oder den Tipp, sich „einen anderen Dummen“ zu suchen, nicht wundern.

Am Besten, wäre es gewesen, am Anfang zu berücksichtigen, was der Brezelverkäufer am Ende gesagt hat: „Isch der blöd? I ben doch koi Bank, I ben an Brezlschtand!“

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