Der Bundesgerichtshof hat in seinem Kita-Beschluss vom 16.5.2017 klargestellt, dass die Gründung eines eingetragenen Vereins zum Zweck des Betriebs einer gemeinnützigen sozialen Einrichtung, wie etwa einer Kita, weiter zulässig ist.
Registergerichte, wie etwa das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, hatten das in Frage gestellt. Dort wurde Standpunkt vertreten, dass die Gründung eines eingetragenen Idealvereins (e.V.) zur Errichtung eines Geschäftsbetriebs nicht zulässig sei, auch wenn dieser gemeinnützig ist. Nach Ansicht des AG Berlin-Charlottenburg sind für die Errichtung eines Geschäftsbetriebs die Rechtsformen des so genannten Wirtschaftsvereins, also etwa die GmbH oder AG, die richtigen. Der e.V. sei dagegen für einen Geschäftsbetrieb zu intransparent und biete zu wenig Gläubigerschutz.
Der BGH hat dagegen nun argumentiert, alleine das aus der Gemeinnützigkeit resultierende Gewinnausschüttungsverbot sei Gläubigerschutz genug. Darüber hinaus hat der BGH weitere Eintragungsvoraussetzungen formuliert, die sich weitgehend an den Voraussetzungen für die Erlangung der Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung orientieren.
Im Fall der Kita-Gründung beweist der BGH damit Augenmaß: Die Gründung einer GmbH oder gar einer AG erfordert wesentlich mehr Knowhow als die Gründung eines e.V.. Elterninitiativen oder sonstige Gruppen von Menschen, die etwas für das Gemeinwesen tun wollen, auf diese Rechtsformen zu verweisen, hieße, die Hürde sehr hoch zu legen. Mutmaßlich würde das zu Gründungen in nicht rechtsfähigen Gesellschaftsformen wie der GbR führen. Damit würde man die Menschen, die sozial aktiv werden, unbeschränkt in die persönliche Haftung nehmen. Es ist deshalb richtig, für bürgerschaftliches Engagement den einfachen und sicheren Weg des e.V. offen zu halten.
Zutreffend sind die Bedenken der Vorinstanzen meines Erachtens für große Sozialunternehmen, die sich über die Rechtsform des e.V. aber auch der Stiftung gegenüber den in der Erwerbswirtschaft gängigen Rechtsformen fast jeder Transparenz und Kontrolle entziehen können. Gerade das Fehlen von obligatorischen Aufsichtsgremien und von definierten Rechnungslegungs- und Berichtspflichten führt hier zu einem erheblichen Risiko für Gläubiger, aber auch für Förderer und Unterstützer. Die für die „Kleinen“ genannten Argumente gelten nicht, da hinter solchen Unternehmen ein professionelles Management steht, das sich hinter Profit-Unternehmen nicht verstecken muss.
Wenn man die Gemeinnützigkeitsidee als integralen Teil unseres Gemein- und Sozialwesens erhalten will, wären klarere Transparenz- und Rechnungslegungsregeln für diese großen Unternehmen richtig und sinnvoll. Das lässt sich aber vermutlich besser über Corporate Governance als über Rechtsformvorschriften regeln.
Mehr über das Urteil und die vom BGH entwickelten Eintragungskriterien: Leuschner in NJW 27/2017, S.1919ff